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Die Wüste Schritt für Schritt enträtseln

Der 1997 entstandene Film „The english Patient“, der im gleichen Jahr mit neun Oscars und drei Golden Globes ausgezeichnet wurde, erzählt die Geschichte des bei einem Flugzeugabsturz verunglückten und gedächtnislosen ungarischen Grafen Laszlo Almásy (Ralph Fiennes), der in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges in einem italienischen Bergkloster von der Krankenschwester Hana (Juliette Binoche) gepflegt wird. Dort flackern auch die Erinnerungen an seine große Liebe Katharine Clifton (Kristin Scott Thomas) auf, die einst für alle Beteiligten voller Leid endete.
Bereits der Vorspann beginnt für den Zuschauer mit einer optischen Irritation, denn durch eine extreme Nahaufnahme wird das sandfarbene Papier, auf das eine Zeichnung der Höhle der Schwimmer gemalt wird, in Zusammenspiel mit Licht und Schatten so dargestellt, daß der Eindruck erweckt wird, hierbei handelt es sich um den sandigen Boden der Wüste. Unweigerlich erwartet der Zuschauer hierbei eine Hand, die in den Wüstensand greifen will. Doch statt dessen streicht ein Pinsel über das Blatt. Zwar erkennt der Zuschauer nun die wahre Natur der gezeigten Einstellung, doch nur, um sofort wieder mit einem neuen Rätsel beschäftigt zu werden, denn der Bildinhalt sowie die Tatsache, daß die Zeichnerin mit den Beinen beginnt, läßt erst langsam erahnen, worum es sich hierbei handelt. Erst langsam fügen sich die behutsam gemalten Pinselstriche zu einem vollständigen Bild zusammen und signalisieren , daß sich auch die Geschichte des englischen Patienten nur langsam zu einem Ganzen zusammenfügen wird. Die Musik mit ihren sphärischen Klängen, den leisen Glöckchen  und der dann einsetzenden sanften Frauenstimme soll das Element des Mystischen und der Magie, die von der Wüste ausgeht, noch verstärken. Doch auch sie sorgt für ein weiteres überraschendes Moment, denn der Zuschauer ordnet sie, ähnlich wie später Katharine, in den Bereich der orientalischen Musik ein. Doch diese Musik, deren Sanftheit sich auf die Inszenierung des gesamten Filmes übertragen läßt, stammt aus einer ungarischen Volksweise, was der Zuschauer jedoch erst sehr viel später erfahren wird, wenn Graf Almásy das Stück auf dem Grammophon abspielt.
Durch die optische Täuschung des Zuschauers, der das Blatt Papier zunächst als Wüstensand wahrnimmt, und der folgenden Auflösung dieses Bilderrätsels wird schon hier deutlich, daß die Geschichte des englischen Patienten zu einem großen Teil in den Sand der Wüste geschrieben wurde und so wie die feuchte Farbe vom Papier aufgenommen wurde, so hat auch die Geschichte des Grafen Spuren dort und in ihm hinterlassen, die es nun gilt, Schritt für Schritt zu finden und zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen.