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2. Die Welt, aus der Edward kommt

Edwards Heim ist das alte Schloß, das sich schwarz und bedrohlich über die pastellfarbenen Häuser des Ortes mit seinem immer blauen Himmel erhebt. Bereits in der ersten Einstellung, die den Ort zeigt, wird deutlich, daß sich das Schloß in einem seltsamen Zwischenbereich befindet, denn es wirkt fern und zugleich doch sehr nah am Ort. Eigentlich befindet es sich sogar in unmittelbarer Nachbarschaft, was es um so verwunderlicher macht, daß Edward und sein Vater/Erfinder so lange von den Bewohnern unbehelligt bleiben konnten. Diese scheinen vielmehr ihr Augenmerk auf das zu richten, was in der unmittelbaren Nachbarschaft vor sich geht, jedoch scheinen sie kein rechtes Interesse daran zu besitzen, etwas gänzlich Andersartiges kennenzulernen. Tim Burton beschreibt dies so: „The interesting thing about these neighbourhoods is that they´re so close together you know everybody, but there´s stuff underneath that you just don´t know. Sexual stuff. There´s a certain kind of kinkiness to suburbia.“ . Das Schloß scheint aber nicht nur die Welt des „Anders Seins“ zu repräsentieren, sondern auch die Angst vor dem eigenen „Anders sein“, denn es hängt quasi bedrohlich wie das Damoklesschwert, das die Bewohner nicht sehen wollen, über dem Ort. In erster Linie aber verkörpert das Schloß seinen nun einzigen Bewohner Edward. Betritt Peg das Grundstück über das hinuntergefallene Tor, dann ist das gleichbedeutend einem Gang über eine Brücke hinüber in eine andere Welt. Durch allerlei Gestrüpp erreicht sie dann den Garten, der das Schloß umgibt und der gepflegt und kultiviert erscheint. Bereits hier verdeutlicht sich, daß der Bewohner des Schlosses nicht der Killer von Jugendlichen sein kann, als der er zunächst im Dunkeln erscheint. Es zeigt sich aber auch, daß sich der Gast Edwards zunächst die Mühe machen muß, durch die Fassade zu blicken und im wahrsten Sinne des Wortes, nahe genug an Edward heranzukommen, um sein wahres Gesicht zu erkennen. Im Inneren gleicht das Schloß mit seinen hohen Räumen und den großen Fenstern eher einer verfallenen Kathedrale. Die Maschinen des Erfinders stehen stumm da, wie eine Gemeinde, die sich zum Gebet versammelt hat. Die verwitterte Statue am Fuß der Treppe, die zur einer Art Kanzel führt, erinnert an einen Mönch, der die Arme zum Gottesdienst ausgebreitet zu haben scheint. Es wird klar, daß hier tatsächlich eine Art Gott gewaltet haben muß, der Leben erschaffen hat und dem hier gehuldigt wurde. Doch die Maschinen sind lange schon funktionslos und so wirkt der „Mönch“ auch eher wie ein erstarrter Dirigent, denn niemand wird seinen Anweisungen mehr gehorchen. Ein altarähnliches Gebilde findet sich im Dachgeschoß: In einem Kamin entdeckt Peg zahlreiche Zeitungsausschnitte, die Edward zu einer Collage zusammengestellt hat und Themen wie „Kinder“, „Geburt“ und „Sehen“ behandelt. Doch das Schloß steht nicht nur für den Ort des Erschaffens, es repräsentiert auch den Erschaffenen selbst. Es hat die gleiche schwarze Farbe wie Edwards Kleidung und die zahllosen Figuren, die in den Mauerecken kauern, aber nur schwer zu entdecken sind, stehen für die Vielseitigkeit und die zahlreichen Eigenschaften, die Edward hat, die jedoch nur bei näherem Hinsehen erkennbar werden. Das Schloß erfüllt zudem schon lange nicht mehr die Funktion, eine intakte Behausung bieten zu können. Das Dach ist teilweise eingestürzt und bietet somit nicht mehr ausreichend Schutz vor den Einflüssen der Außenwelt. Peg gelang ebenso einfach der Zugang zum Inneren, wie es der Regen kann, aber obwohl es vergleichsweise einfach ist, hineinzugelangen, hat sich bis dahin offenbar niemand die Mühe gemacht. Im Gegensatz dazu scheint es schwer zu sein, aus diesem Haus auszubrechen. Tim Burton meint dazu: „There´s a sense of isolation in that. Symbolically I associate it with isolation.“ . Das Loch im Dach zeigt, daß ein Ausbruch aus dieser Isolation möglich ist. Doch das Loch ist scharfkantig und verwinkelt, so daß ein Ausbruch schmerzhaft sein könnte. Auch ist unklar, was dann kommt, denn die Außenwelt zeigt sich als ein helles ungewisses Etwas jenseits des Loches.