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5. Edward Scissorhands: Wer ist die Schöne und wer das Biest ?

„Edward Scissorhands“ wird allzu oft als eine moderne Version von „Die Schöne und das Biest“ bezeichnet. Und tatsächlich finden sich in der Handlung deutliche Parallelen: Da ist das Schloß, in dem eine geheimnisvolle Kreatur lebt, die zunächst abstoßen mag, die es aber wert ist, sie näher kennenzulernen. Und da ist das Mädchen, daß von der Kreatur begehrt wird und ihr eifersüchtiger Freund, der zuletzt von der Kreatur getötet wird und aus dem Turm des Schlosses in die Tiefe stürzt. Dennoch gibt es Handlungsstränge, die das genaue Gegenteil von dem erzählen, was in „Die Schöne und das Biest“ geschieht. So ist nicht „die Schöne“ Kim im Schloß des „Biestes“ Edward gefangen, sondern vielmehr Edward sieht sich gefangen in der Welt Kims. Es stellt sich mir die Frage, wer denn da überhaupt das Biest sein soll. Von den Äußerlichkeiten her gesehen, ist dies zweifellos Edward, doch betrachtet man die inneren Werte, scheint dieser geradezu umgeben zu sein von Biestern, die alle nur einen Vorteil aus ihm schlagen wollen. Lediglich Kim gelingt es zuletzt, Zugang zu ihm zu finden. Ein Happy-end kann es für beide jedoch nicht geben. Der Fluch, den es zu brechen gilt, nämlich Edwards Isolation zu beenden, bleibt bestehen. Zu verschieden sind die Welten und was das Märchen so spielerisch erzählt, wenn zwei unterschiedliche Lebewesen trotz aller Widrigkeiten zusammenfinden, scheitert gerade an der Verschiedenheit, welche die existentielle Selbstaufgabe einer der Personen zur Folge gehabt hätte. So tragen beide zuletzt wenigstens die Erinnerung aneinander in sich. So gesehen haben sich beide verändert. Tim Burton streitet die Ähnlichkeiten zu „Die Schöne und das Biest“ nicht ab, merkt jedoch an, daß „Edward Scissorhands“ eine Mischung aus vielen Elementen besitzt. „That´s such a classic theme. Someone said there were only five stories, well, that´s one of them.“ Grundlage für die Entwicklung von „Edward Scissorhands“ war die Idee einer Person basierend auf persönlichen Emotionen Tim Burtons. „First came the image, linked to those feelings of not being accepted.“ Aber auch andere Motive, wie beispielsweise „Frankenstein“ dienen als Vorlage. Deutlich wird dies allein schon an der Szenerie des Schlosses: Das verfallene Gemäuer, deren Eingangshalle von einer großen Treppe, einem klassischen Frankenstein-Motiv, dominiert wird, beinhaltet phantastische Maschinen, die der Wissenschaftler nutzt. Aber auch Edward verkörpert zeitweise den „mad scientist“, wenn er wie im Rausch die Haare der Nachbarinnen frisiert oder deren Hecken schneidet. Und dennoch scheint es meiner Meinung nach eine Vorlage gegeben zu haben, die Burton verschweigt. Diese Vorlage scheint er selbst zu sein. Betrachtet man allein das Äußere von Edward und vergleicht es mit dem Tim Burtons, so fällt die starke Ähnlichkeit der Frisur und der bevorzugten Kleidungsfarbe auf. Doch auch die Gemeinsamkeiten, die der Ort, an dem Burton aufwuchs, mit dem Ort, in dem Peg wohnt, aufweisen, scheinen mir allzu deutlich. „I grew up in suburbia and I still don´t understand certain aspects of it. There´s a certain kind of vagueness, a blankness, and I got this very strongly from my family. The pictures my family had on the walls, I never got them to them. It was almost as if they had always been there, and yet no one had ever looked at them. I remember sitting there looking at some of these things going, „What the hell is that? What are those resin grapes? Where did they get them? What does it mean?“ Daß Burton behauptet, der Film sei nicht die Widerspiegelung seiner Selbst, verwundert. „The film is not autobiographical, because it was important for me to be as objective as possible.“ sagt er, doch spielt er immer wieder auf Ähnlichkeiten seiner eigenen Kindheit mit der neuen Welt Edwards an. „Again, when you grow up watching these things you make analogies to your own life.“ „...the parallel between suburban life and a horror movie was really closer than you might think.“ Doch nicht nur auf die Ähnlichkeiten, die zwischen den äußeren Welten bestehen, weist er hin, sondern auch die Ähnlichkeiten zwischen ihm und Edward werden meiner Meinung nach allzu deutlich betont, als daß sie zufällig entstanden sein könnten und nicht Burtons Erlebnisse und Empfindungen widerspiegeln würden: „I just felt I couldn´t communicate. (...) I remember growing up and feeling that there is not a lot of room for acceptance. You are tought at a very early age to conform to certain things.“ Zudem scheint es sich nicht nur um eine bloße Widerspiegelung, sondern auch um eine Verarbeitung von Burtons Kindheit zu handeln. Nicht zuletzt deshalb, weil er die Darstellung Jims an den Mitschülern seiner Kindheit festmacht, läßt sich Burtons eigenes Erleben vielleicht als der größte Einfluß auf „Edward Scissorhands“ feststellen. „...those who were tortured were forced to be their own people; they couldn´t relay on society (...) so they had to make themselves acceptable.“ Auch Jims Tod scheint mehr als nur die Anlehnung an Gastones Tod aus „Die Schöne und das Biest“ zu sein. Die Notwendigkeit, Jim sterben zu lassen, begründet er auf recht simple nachvollziehbare Weise „That was perhaps some sort of junior high or high school revenge fantasy.“