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IV. Fazit

IV. Fazit
Die besprochenen Filme haben auf den ersten Blick nicht sehr viel gemein. In „Predator“ soll eine von sich überzeugte Elite-Truppe einen Auftrag wie jeden anderen ausführen und stößt dabei auf ein außerirdisches Wesen. In „Atemlos vor Angst“ werden eine Handvoll Glücksritter beauftragt, einen im wahrsten Sinne des Wortes hochexplosiven Job durchzuführen und in „Apocalypse Now“, dessen unglaubliche Dichte wohl nur eine bruchstückhafte Analyse zulassen kann, ohne den Rahmen dieser Arbeit gänzlich zu sprengen,  reist ein desillusionierter Soldat zu einem Abtrünnigen, um diesen zu töten. Allen gemein scheint lediglich der Ort der Handlung zu sein, nämlich der Dschungel. Doch dann wird deutlich, daß bei allen Filmen, so unterschiedlich diese auch sein mögen, mehrere Gemeinsamkeiten zu finden sind, die hier bei und offenbar auch in anderen Filmen immer wieder auftauchen, denn zum einen scheint die Reise in den Urwald immer wieder  mit einer Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit verbunden zu sein. Sowohl bei „Apocalypse Now“, wo die Vergangenheit eines Menschen, nämlich die von Kurtz, immer präsent ist und sich einzelne Charaktere nicht von ihrem bisherigen Leben trennen können, wie auch bei „Atemlos vor Angst“, wo sich verschiedene Menschen sich in verschiedenen Stadien ihrer Vergangenheitsbewältigung befinden, führt die Auseinandersetzung damit oft früher oder später zum Tod. Auch die vermeintlich nützliche Erfahrung bisheriger Einsätze nutzt der Gruppe um Dutch in „Predator“ nichts und wiegt sie in trügerischer Sicherheit. Dabei darf letztlich auch das „Mitbringen“ der eigenen Identität als ein Stück eigener Vergangenheit gelten, die sich jedoch im Dschungel zumeist als nutzlos und damit hinderlich erweist.  Entscheidend dabei ist, daß offenbar bei allen Personen irgendwann der Moment einsetzt, an dem sie eine Art der inneren Reinigung erfahren und sie erkennen müssen, daß alles bisher Dagewesene ihnen nicht weiterhelfen kann und sie damit auch ihre bisherige Identität ablegen müssen, um als ein anderer aus den Erlebnissen hervorgehen. Als Beispiel hier soll die Person des Dominquez (Roy Scheider) dienen, die ja letztlich im wahrsten Sinne des Wortes auch als ein anderer Mensch mit anderer Identität den Dschungel verlassen wird. Auffällig ist, daß alle Bemühungen ins Leere laufen, die eigene Heimat mit in den Dschungel nehmen zu können, um so die eigene Identität nicht aufgeben zu müssen. Vielmehr führt dieser Prozeß des „sich neu definieren müssen“, immer durch eine real gewordene Vision der Hölle, die sich immer irgendwann im Dschungel einstellen wird. Dieses stets wiederkehrende Motiv der Höllenvision macht deutlich, daß der Dschungel niemals der Ort sein kann, an dem ein Mensch, zumindest ein solcher mit westlicher Prägung, das Paradies vorfinden wird. So sehr er sich auch anstrengt, und es sind in der Tat zumeist Männer, die diesen Ort aufsuchen, desto deutlicher wird die Tragweite seines Scheiterns und je desto deutlicher wird auch, daß der Dschungel ein Ort ist, der dem Menschen ein immerwährendes Rätsel bleiben wird, zu dem er niemals den passenden Schlüssel finden wird. Das zeigt sich daran, daß in allen drei Filmen der Urwald als eine in sich abgeschlossene Welt dargestellt wird, die ihr eigenes Leben und ihre eigenen Gesetze hat. Wer sich diesen Regeln nicht anpassen kann oder sie verkennt, der wird aus dieser Welt vertrieben oder gar getötet. Aber gerade das scheint die unausweichliche Folge zu sein, denn einen Zugang zu dieser Welt scheint der Mensch nicht zu finden. So steht der Predator doch letztlich für die Reinkarnation all dessen, was den Dschungel ausmacht. Und somit ist es auch nicht verwunderlich, wenn Dutch (Arnold Schwarzenegger) keinerlei Worte für das findet, was ihm im Dschungel begegnet und er sein Unverständnis letztlich nur in die trivialen Worte zu fassen versucht: „Was zum Teufel bist Du?“
Eine Redewendung besagt, daß oftmals das, was wir am meisten fürchten, das Beste ist, was uns passieren kann. Dies hat dann aber als logische Konsequenz das Loslassen von liebgewonnen und altbekannten Gewohnheiten, die uns das Leben oftmals zwar erleichtern, es jedoch nur in bestimmte Richtungen lenken und uns somit den Blick auf anderes versperrt. Ein Loslassen und sich somit neu definieren heißt also auch, ein „unentdecktes Land“ zu betreten. Es ist somit nicht verwunderlich, daß gerade der Dschungel, von dem bis heute weite Teile unerforscht sind, dieses Neuland darstellt, in dem dieser Prozeß der eigenen Neudefinition stattfindet. Daß dabei zeitweise ein Zustand eintritt, bei dem feste Regeln, Gewohnheiten und Orientierungen gänzlich fehlen und die betreffende Person in einer Art „Niemandsland“ steht, darf  wahrlich als eine Art der Hölle verstanden werden, an deren Ende ein neuer Mensch hervorgeht, sollte er diesen Weg überstehen. Denn dieser Weg ist oftmals tödlich. In jedem Fall ist er lang.
„And miles to go before I sleep.“