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I.3.2. Das ruhige Wochenende

Dieser zweite, ebenfalls 15 Sekunden lange Werbespot für den Freelander ist in der Struktur dem eben besprochenen ähnlich. So werden erneut die Wochentage durchgezählt, ähnlich einem Countdown, an dessen Ende das Wochenende steht. Dennoch baut er auf dem ersten Spot auf, dessen erzählende Struktur beim Zuschauer mittlerweile als bekannt vorausgesetzt wird. Hier wird der Wagen nicht mehr von Beginn an gezeigt, sondern das Straßenbild vom Fahrersitz aus. Zu sehen ist eine dicht befahrene  Straße, an der die Fahrzeuge fast schon Stoßstange an Stoßstange stehen. Die roten Bremslichter symbolisieren den Stillstand, den der dichte Verkehr verursacht. Vorwärtskommen ist hier nur für den Moment möglich, wenn die Ampel für kurze Zeit „Grün“ zeigt und wieder einige Fahrzeuge aus dem Stau hin zum nächsten entläßt. Mobilität findet hier nur mit Schrittgeschwindigkeit statt. Schnelle Schnitte verdeutlichen dennoch, daß hier die gesamte Aufmerksamkeit des Fahrers gefordert ist, um sicher ans Ziel zu kommen. Die Straße selbst ist eingefaßt von hohen Wolkenkratzern, die kein Ausbrechen nach rechst oder links erlauben. Wie bereits im ersten Spot wird hier die Assoziation zu Amerika geweckt, wo die Freiheit genauso grenzenlos zu sein scheint, wie das Verkehrsaufkommen. Unendlich lange und breite Straßen, die scheinbar endlos dem Horizont entgegenlaufen, wecken auf den ersten Blick das Gefühl von grenzenloser Freiheit, erzeugen aber beim zweiten Hinsehen das Gefühl von Monotonie, wenn man diese Straßen befahren muß und ewig unterwegs zu sein scheint. Auch den Städten Amerikas kommt diese Doppeldeutigkeit zu: sie stehen für viele dort versammelten Kulturen, für das grelle Leben der Großstadt, aber auch für den alltäglichen Verkehrsinfarkt, für Gewalt und in Beton gegossene Eintönigkeit.
Es sind auch hier die immer gleichen Autos und Busse, die dem Fahrer begegnen und in denen die immer gleichen Personen sitzen, die aber trotzdem in der Anonymität ihrer Fahrzeuge verbleiben. Die Autos der anderen Verkehrsteilnehmer sind auch immer nur für einen Moment zu erkennen. Modell, Farbe oder wer überhaupt darin sitzt, bleibt im Verborgenen, denn die Zeit, in der sie gezeigt werden, ist zu kurz, um Details auch nur zu erahnen. Sie bleiben im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln, denn  meist handelt es sich um dunkle Fahrzeuge, die zudem nicht deutlich ausgeleuchtet werden. Zudem ist das Bild noch farbig verfremdet, denn die Farben wurden weitgehend dem Bild entzogen, so daß dieses fast schon den Charakter einer Schwarz/Weißphotographie besitzt. Das Geschehen wird zudem nur immer für einen kurzen Moment gezeigt, dann folgt bereist eine Einstellung mit anderen Fahrzeugen an einer anderen Stelle der Straße. Die Kamera erzeugt hierdurch eine Momentaufnahme des alltäglichen Verkehrs in der Großstadt: Ich sehe viele Dinge und erkenne dennoch nichts, da sich meine Wahrnehmung lediglich auf das reduziert, was für ein reibungsloses unfallfreies Vorankommen nötig ist. Auch müssen erneut die Informationen auf das unbedingt Notwendige reduziert werden. So könnte die tatsächliche Information, die auch nur einen winzigen Ausschnitt der Wirklichkeit bildet, etwa lauten: Frau Müller, die nach dem Einkaufen zum Kindergarten will, um ihre kleine Tochter abzuholen, fährt mit ihrem dunkelblauen VW Golf durch die 5th Avenue und bremst, weil die Ampel plötzlich auf „Rot“ schaltet.
Als Fahrer des hinter ihr fahrenden Fahrzeugs nehme ich aber nur wahr: Die Ampel da vorne wird rot und auf der dichtbefahrenen Straße bremst der dunkle Wagen vor mir. Auch meine Reaktion muß sein, daß ich bremse. Den Rest, wer das vor mir ist und warum sie oder er da fahren, entfällt und wird mir nie bekannt sein, allein schon deshalb, weil dazu nie Zeit sein wird.
Doch trotz des hektischen Wirrwarrs auf den Straßen der Großstadt bleibt die Atmosphäre im Freelander ruhig. Die Vermittlung dieser Botschaft übernimmt die Tonspur, denn die Stimme aus dem Off bleibt ruhig und gelassen. Die Musik, die im ersten Spot die Monotonie noch gesteigert hat, wirkt hier in Verbindung mit den hektischen Bildern kontrapunktiv. Sie steht für die Ruhe innerhalb des Wagens und schafft erneut Distanz zu dem Leben außerhalb des Fahrzeugs. Die Geräusche aus der „Außenwelt“, wie Motorengeräusche, Stimmengewirr oder das Trillern des Pfeife eines Polizisten sind nur entfernt wahrnehmbar.
Entgegen den Erwartungen des Zuschauers wechselt Musikcharakter und Tonfall des Sprechers aber dann nicht zu „Samstag“ und „Sonntag“ ins reißerische, sondern bleiben weiter ruhig und wirken fast noch gelassener, was wohl auch dadurch rührt, daß die Musik zu einem sphärischen Plätschern wird und auch der Bildcharakter komplett wechselt.
Der Freelander ist auf einem Floß zu sehen, daß ihn und zwei Männer über einen Fluß trägt. Rechst und links wächst Wald, die Landschaft ist gänzlich unberührt. Hierbei hat sie zunächst die Aufgabe, den Wagen langsam einzuführen. Sie schwebt zunächst aus dem Dickicht der Äste heraus und gibt den Blick auf den Fluß frei, auf dem das Floß schon zu erkennen ist. In der nächsten Einstellung dann ist der Wagen auf dem Floß stehend von hinten zu sehen, wird aber immer  noch von einigen Ästen, Baumstämmen oder Gräsern verdeckt. Erst in der dritten Einstellung ist das Floß frontal mit dem Freelander zu sehen. Der Schriftzug „Land Rover“ ist am Kühler bereits zu erahnen. Die Kamera zeigt nun bei den Abbildungen der Landschaft deutlich längere Einstellungen als in der Stadt und gleitet sanft am Floß vorbei, so als ahme sie den ruhigen Lauf des Flusses nach. Sanft wird in eine Großaufnahme überblendet, die den Schriftzug „Land Rover“ in Großaufnahme auf dem Kühler zeigt. Die Kamera gleitet weiter, ermöglicht somit den Blick auf die Seite des Fahrzeugs und fährt anschließend sehr schnell zurück, um wieder die totale mitsamt Floß, Flößern, Fluß und dem Wald zu zeigen. Hier hat es fast den Eindruck, als wolle die Kamera mit dieser Großaufnahme des Schriftzuges bestätigen, daß es sich hierbei nur um einen echten Land Rover handeln kann, denn mit keinem anderen Fahrzeug sind solche Unternehmungen sonst möglich.
Betrachtet man beide Freelander-Spots im unmittelbaren Vergleich, so fallen die gezielt eingesetzten Gegensätze ins Auge: Ist im ersten Spot noch das Alltagsleben ohne jeden Höhepunkt, sondern langweilig und eintönig, so besteht der Alltag im zweiten Spot aus Hektik und Streß, der zwar regelmäßig wiederkehrt, aber trotzdem Nerven kostet.
Der Ausgleich wird im ersten Spot am Wochenende durch Abenteuer in freiem Gelände gesucht, das mit seinen unbefestigten Wegen in direktem Kontrast zu den gut ausgebauten Straße steht, die unter der Woche befahren wird. Im zweiten Spot wird zwar ebenfalls am Wochenende ein Terrain bevorzugt, daß mit befestigten Wegen nichts zu tun hat, diese Wasserstraße wird aber von Wäldern umsäumt, die immer noch die Assoziation zum alltäglichen Großstadtdschungel wecken. In diesem Fall zieht der Fahrer aber die Ruhe der Natur der Hektik eines wilden Abenteuers vor. Der Wagen muß hierbei nicht abschließend durch die Waschstraße, da er erst gar nicht schmutzig wird. Auch ist er nicht schwarz, sondern silbermetallic lackiert. Schmutz fällt auf dem schwarzen Lack des ersten Freelanders natürlich besser auf als auf der hellen Farbe des zweiten. Außerdem zählt Silber seit einigen Jahren wieder zu den Trendfarben und soll Sportlichkeit und Eleganz symbolisieren. Und so schwebt das eigentlich eher schwere Fahrzeug beinahe mühelos auf dem Floß über den Fluß. Beiden Spots gemein ist die Aussage „Feel free – Freelander“, die letztlich nichts anderes besagt als „Tu was Du willst. Mit einem Freelander schaffst Du alles.“