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5. Das Kartenspiel

Nach dem Abend mit Courtney trifft sich Patrick mit einigen seiner Kollegen und Geschäftspartnern. Dort begegnet er Paul Allen (Jared Leto), der ihn stets für Marcus Halberstram hält. Dies verwundert nicht, haben beide doch den gleichen Geschäftsbereich, die gleiche Vorliebe für Kleidung von Valentino oder denselben Friseur, wobei Patrick seinen Haarschnitt als den gelungeneren betrachtet. Es mag somit gar nicht mehr überraschend wirken, daß Kleidung und Accessoires, die für den durchschnittlich verdienenden Menschen unerreichbar und damit oft einzigartig sind, in Batemans Kreisen aber zu eben jener Uniformität beitragen, aus der sie eigentlich herausragen soll. Patrick ist auch gar nicht daran interessiert, dieses Mißverständnis über seine Identität zu klären, sondern spielt mit. Dies mag drei Gründe haben: Erstens mag er dadurch Vorteile verschaffen, die ihm das Verheimlichen seiner nächtlichen Streifzüge  erleichtert. Zweitens scheint es ihm auch Freude zu bereiten, dieses Spiel zu spielen und drittens ist es letztlich egal, wie er genannt wird, denn wie er bereits selbst erkannt hat, gleichen sich die Lebensläufe von ihm und Halberstram so sehr, daß der korrekte Name letztlich unbedeutend und austauschbar geworden ist. Erkennbar sind diese Männer offenbar nur noch an ihren Visitenkarten und gerade hier entwickelt sich sodann ein reger Austausch, wobei Bateman jeden der anwesenden Männer mit eben diesem Stück Papier beeindrucken will. Zunächst genießt er siegessicher diese Situation, dann aber muß er erkennen, daß er der Unterlegene sein wird. Jeder der Männer wird im Laufe dieses Gespräches seine Karte zücken, um die anderen in Bezug auf Schrifttyp, Papierqualität oder Layout zu übertreffen. Bateman sieht sich dabei enormem Streß ausgesetzt, was sich auch in der Farbe seiner Krawatte widerspiegelt. Sie ist in dieser Sequenz gelb, was für seinen empfundenen Neid stehen mag und ebenso einen seiner schwächsten Momente symbolisiert. Auf der Tonebene wird diese einem Wettkampf nachempfundene Situation durch ein sphärisches Brummen unterstrichen, die für die Bedrohung steht, die Patrick empfindet, steht, denn in seinen Augen ist dieses Stück Papier das Element, was den einzelnen zu einem Individuum macht. Durch seine Visitenkarte glaubt er sich von anderen nicht nur zu unterscheiden, sondern will damit auch seine Überlegenheit signalisieren, was hier kläglich scheitert und er einer von vielen wird, die eben nur durchschnittliche Karten besitzen. Es ist einer der wenigen Momente, in denen die Kamera deutlich näher als gewöhnlich an Patrick herankommt, denn er leidet unter dem enormen Streß, der ihm die Situation bereitet. Patrick, der sonst so distanziert und kalt ist, wirkt mit einem Mal verletzlich, wenn er mit verspanntem Gesicht und Schweiß auf der Stirn hilflos zusehen muß, wie alle nacheinander Karten präsentieren, die seiner überlegen sind. Die Geräusche, die das Papier macht, wenn es aus der Kartenbox genommen wird und über den Tisch geschoben wird, sind deutlich hervorgehoben und wirken für Patrick ähnlich brutal, als würde ein Messer seinen Körper durchschneiden. Schließlich fordert er seinen Kollegen auf, die Karte des zwischenzeitlich gegangenen Paul Allen zu zeigen, wohl in der Hoffnung, wenigstens über diesen einen Sieg erringen zu können. Doch die Präsentation gerät für ihn zum Fiasko, denn allein das Wasserzeichen in der Karte übertrifft seine kühnsten Vermutungen. Durch die Großaufnahme der Karte erhält der abwesende Paul eine überdeutliche Präsenz. Die Tatsache, daß eine einzige Karte ohne den dazugehörigen Besitzer genügt, um Bateman unter Druck zu setzen, zeigt, daß dieser trotz seines Erfolges nicht in der Lage ist, Selbstvertrauen aufzubauen und sich darzustellen. Auch hier erlaubt sich Mary Harron einen kleinen Seitenhieb, denn als Adresse des Arbeitgebers ist auf der Karte „Exchange Place“ zu lesen, was einmal mehr die Austauschbarkeit dieser Figuren unterstreicht.