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4. Patrick und seine Mitmenschen

„I have all the charateristics of a human beeing: Flesh, blood, skin, hair – but not a single, clear, identifiable emotion, except for greed and disgust. Something horrible is happening inside me and I don´t know why.“


Obwohl Patrick in der Millionenstadt New York lebt, begegnen ihm erstaunlich wenig Menschen. Selbst die Straßen sind oft beinahe menschenleer. Auffällig ist dennoch das Spiel, das Bateman mit seinen ihm oftmals fremden Mitmenschen treibt. Hierzu soll als Beispiel zunächst das zufällige Aufeinandertreffen mit der unbekannten Frau an einem Fußgängerüberweg dienen. Patrick trifft auf die elegante Dame, als er Geld vom Geldautomaten abhebt. Dieser ist hell erleuchtet, doch schon einen Meter daneben beginnt die Dunkelheit der Straße. Der Geldautomat wirkt somit wie ein letztes helles Symbol einer Welt, die Patrick gerade zu verlassen scheint. Die Summe, die er mitnimmt, ist beachtlich und mit diesem Polster in der Brieftasche geht er hinter der Frau her, was in Anbetracht der dunklen Straßen von dieser sicherlich als Bedrohung empfunden werden muß. An der roten Ampel bleiben beide stehen. Bereits nachdem Patrick den Geldautomaten verlassen hat, ist er fast völlig von Dunkelheit umgeben und auch hier setzt Mary Harron diese Inszenierung fort, indem sie bewußt große Teil seines Gesichtes im Dunkeln beläßt und somit erneut seine dunkle Seite betont. Auch ist völlig unklar, was Patrick mit diesem Aufeinandertreffen an der Ampel, daß aufgrund von Patricks schnellerem Gang hier nicht mehr zufällig geschieht, bezweckt. Ein Melodie, an ein Kinderlied erinnernd, untermalt diese Sequenz auf der Tonebene, wirkt aber in Anbetracht dieser düsteren Szenerie eher kontrastierend. Aber es ist eben diese kindliche Naivität, mit der Patrick neben der Frau zu stehen scheint, sie anblickt und sie mit einem Lächeln und dem Wort „Hello!“ begrüßt und wieder nach vorne blickt. Und nach einem kurzen Moment erwidert die Frau das Lächeln und beide laufen, als die Ampel auf Grün schaltet, in gleicher Geschwindigkeit über die Straße. Der weitere Verlauf des Abends ist nicht bekannt, doch darf das als ein Versuch Patricks gesehen werden, wie er auf andere Menschen wirkt dies dann auch auszunutzen versteht. So vermutet wohl niemand hinter der jugendlichen Fassade einen Killer, doch dies zeigt sich alsbald bei dem Obdachlosen (R. E. Cathey), den er in einer dunklen Seitenstraße trifft. Ein dunkles und imposantes Gebäude, das an einen Tempel erinnert, grenzt direkt an eine Gasse, aus der ein mystisches, nebelverhangenes Licht erstrahlt, von dem Patrick magisch angezogen wird, sonst würde er nicht so zielstrebig dorthin laufen. Fast wirkt er, der nur noch als schwarzer Schatten erkennbar ist, wie eine moderne Version von Jack the Ripper, wenn er die eben noch erlebte Welt seines Yuppie-Lebens verläßt und in eine andere, düstere Umgebung eintaucht. Eben dort begegnet ihm der Obdachlose, der mit seinem Hund in einer Ecke kauert und um Hilfe bittet. Für Patrick beginnt erneut ein Spiel, in dem er seine Macht ausspielt. Indem er ihm zunächst etwas Geld anbietet und ihm dann aber Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft macht, spricht er immer mehr die existentiellen Bedürfnisse des Mannes an und kommt ihm damit im übertragenen Sinne immer näher. Dies geschieht auch körperlich, denn zunächst blickt er quasi gönnerhaft von oben herab, als er ihm etwas Geld in Aussicht stellt, während er sich dann helfend neben ihn kniet. Dieses Spiel, bei dem er dann wieder aufsteht, um seine definitive Macht auch körperlich zu repräsentieren, indem er klarmacht, daß sowohl Geben wie Nehmen im Rahmen seiner Möglichkeiten stehen, endet darin, daß er ihm nicht nur körperlich so nahe wie nur irgend möglich kommt, sondern dem Obdachlosen letztlich als finalen Beweis seiner Allmacht auch das Leben nimmt und sich dabei in einen kurzen Rausch hineinsteigert, der ihn schließlich auch nicht davor zurückschrecken läßt, den Hund des Mannes mit Fußtritten zu töten.
Dennoch gibt es auch für Patrick Menschen, die in seinem Leben regelmäßig in Erscheinung treten. Für den Zuschauer ist es somit sehr überraschend, als plötzlich seine Verlobte Evelyn (Reese Witherspoon) auftaucht, wobei diese bei weitem nicht den Stellenwert in seinem Leben hat, den er ihr eigentlich einräumen sollte. Sie erscheint zum ersten Mal während einer Taxifahrt durch die Stadt und schwärmt von einer möglichen Hochzeit mit Patrick, wobei sie sich diese bereits in den schillerndsten Farben ausmalt. Einen ironischen Seitenhieb leistet sich hierbei Harron mit der Musik, die Patrick all die Zeit über Kopfhörer hört, denn in dem Moment, in dem Evelyn den Satz „We should do it.“ sagt, ertönt im Liedtext „It´s simply unavoidable.“ Doch Patrick schaut in eine andere Richtung und hört weiter über den Kopfhörer seines Walkman das neue Album von Robert Palmer, das ihm allemal wichtiger ist, als die Frau an seiner Seite. Es verwundert daher nicht, daß er seinen Blick ihr abgewandt hat und aus dem Fenster schaut, wobei er, unterstützt durch die Musik, in ein gänzlich andere Welt einzutauchen scheint. Palmers Song „Simply Irresistible“ hat zwar die Attraktivität einer Frau zum Thema, doch Patrick bezieht diesen Refrain vielmehr auf sich, um mit Hilfe der Musik einmal mehr seinem Leben die Bedeutung zu verleihen, von der er glaubt, daß sie ihm zusteht. Auch die Tatsache, daß er sich offenbar regelmäßig eine oder mehrere Prostituierte ins Haus holt, scheint in Anbetracht der Attraktivität seiner Verlobten verwunderlich, mag aber damit zusammenhängen, daß Patrick viel zu ruhelos ist, als daß er den Status Quo als zufriedenstellend einstufen könnte. Dies hat zur Folge, daß sich Patrick seine eigene Realität, einer Soap Opera mit sich als Hauptdarsteller nicht unähnlich, schafft, in der er sich bewegt und die er mittels der Voice Over lediglich dem Zuschauer mitteilt. Eine Hochzeit kommt für ihn aber allein schon deshalb nicht in Frage, weil er, nachdem er die dümmsten Argumente vorgeschoben hat, klarmacht, daß ihm sein berufliches Vorankommen wichtiger ist. Als beide dann im Restaurant „Espace“ ankommen und Patrick in die Speisekarte, die eine kalte metallische Oberfläche besitzt, schaut, sieht er sein Gesicht darin als ein schemenhaftes Etwas ohne wirkliche Konturen. Dies reflektiert hier auch seinem Satz „Because I want to fit in.“, ist es doch genau diese Konturlosigkeit, die es ihm ermöglicht, sich so perfekt an seine Umwelt anzupassen. Überhaupt zeigt sich diese Kritik der Regisseurin Harron an seinem Wesen immer wieder: Wenn er mit Courtney im Fahrzeug sitzt, glaubt sie, er führe sie in das begehrte „Dorsia“ aus. Während die durch Alkohol oder Drogen deutlich angeschlagene Courtney auf der linken Seite sitzt und die Lichter der Großstadt sich auf ihrer Seite der Windschutzscheibe spiegeln, sie somit quasi die reale Welt an sich heran läßt, sitzt Bateman hinter der Scheibe, die den Fahrer abschirmt. Erneut verschwimmen seine Konturen und auch diesmal wendet er den Blick ab von seiner Begleiterin hin zu einer anderen Welt, einer Art von Microkosmos, in dem er sich bewegt. Überhaupt wirkt er, als wäre er in einer gänzlich anderen Dimension, die der Twilight Zone nicht fern ist und die weit entfernt ist von der Realität.
Für Patrick verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion immer mehr. Während er mit Courtney den Abend bespricht, läuft im Hintergrund eine pornographischer Film, doch dieser dient offenbar nur noch als ein Medium, das nebenbei konsumiert wird und dessen aufreizende Wirkung durch übermäßigen Konsum längst verflogen ist. Auch stört es Patrick offensichtlich nicht im geringsten, daß seine Gesprächspartnerin die Geräusche des Filmes mitbekommen könnte.