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6. Eddi Barzoons Tod. Kevins Weltbild wackelt

„There´s no chance to think, to prepare. It´s buy futures, sell futures when tere is no future.“

Eddie Barzoon, der seit langer Zeit mit John Milton zusammenarbeitet, scheint zu einer ernsten Bedrohung für den Fortbestand der Kanzlei zu werden. Offen bekundet er Kevin gegenüber seine Abneigung und seine Mißgunst und droht, ermittelnden Behörden zukünftig Hintergrundinformationen zukommen lassen zu wollen. Kevin teilt Milton dies mit und während Milton zu einer glühenden Rede über Eddie Barzoon ausholt, in der er sich über Egoismus und Konsumrausch auslässt, wird Mary-Ann Zeugin, wie Eddie, der gerade im Park joggt, zu Tode kommt. Im gleichen Maße, in dem sich Mitlon in seine Rede hineinsteigert, werden auch die Geschehnisse um Eddie herum immer mysteriöser und bedrohlicher. Dabei verschwimmen zunächst die Umrisse der anderen Sportler, bis Eddie schließlich allein unterwegs ist und er von zwei Obdachlosen überfallen wird, die seine Uhr rauben wollen. Sei es Ironie des Schicksal oder eiskaltes Kalkül, dass Milton just in diesem Moment von Egoismus und Stolz spricht, als es Eddie ablehnt, seine teure Uhr herzugeben. Zumindest bleibt es im Rahmen des Möglichen, dass Eddie sein Leben hätte retten können, wenn er denn nur nachgegeben und sich von seiner Uhr getrennt hätte. Offen ist zu diesem Zeitpunkt zudem immer noch die Möglichkeit, dass sich das von Mary-Ann Gesehene nur in ihrer Phantasie abspielt und sowohl das Verschwinden der anderen Menschen und die Mutation der Obdachlosen zu Dämonen nur in ihrer Einbildung geschieht. Regisseur Taylor Hackford zeichnet somit ein Bild des Bösen, daß offenbar eng mit den Ideen Nietzsches korrespondiert. Eddie kommt hierbei als Leiter der Agentur quasi die Rolle Gottes zu, der bei Nietzsche ja vor lauter Mitleid stirbt. So ist es gewissermaßen Ironie des Schicksals, daß Eddie ausgerechnet von Menschen umgebracht wird, die in der Gesellschaft zu den bemitleidenswertesten zählen.

Auf jeden fall aber hat der Tod des Eddie Barzoon zur Folge, dass Kevins Weltbild zum ersten Mal ins Wanken gerät. Unterstützt wird dieses Empfinden durch die Arbeit der Kamera, denn als Kevin vom Tode Eddies erfährt, benutzt Kameramann  Andrzej Bartkowiak bewußt eine Steady-Cam. Mit schaukelnden Bewegungen fängt diese hier Kevin und sein Umfeld ein, während einzig John Milton mit feststehender Kamera gefilmt wird, der zudem mit Hilfe von Jump Cuts auf Kevin zukommt.

Der Gottesdienst anläßlich der Beerdigung wird schließlich zu dem Moment, an dem Kevins Weltbild endgültig ins Wanken gerät, trifft sich doch in der Kirche nichts anderes als eine Ansammlung von Lügnern, Hochstaplern, Mördern und den Menschen, die sie in Schutz nehmen. Während interessiert die Kleidung der Trauernden gegenseitig in Augenschein genommen wird, tritt der eigentliche Anlaß völligst in den Hintergrund, denn nur noch der Pfarrer spricht von Mr. Barzoon. Kevin hingegen steckt erneut in dem Dilemma, daß er schon bei der Gemeinde seiner Mutter spürte, denn auch hier steht er zwischen allen Stühlen und ist zwischen Karrieredenken und Moral hin- und hergerissen. Einmal mehr wird er mit seinem Gewissen konfrontiert, als er den freigesprochenen Mörder Cullen entdeckt, wie dieser ohne Anzeichen von Reue den Rücken seiner Freundin, die ihm ein falsches Alibi verschaffte, streichelt. Die Erinnerung an den Fall des Lehrers wird übermächtig und so lächelt ihn dieser plötzlich anstelle von Cullen an, worauf Kevin die Kirche verläßt. Draußen spricht ihn der Beamte Mitch Weaver an, um ihn zur Zusammenarbeit zu bewegen.